Es ist nicht so, dass Stephan Leyhe bis zu seinem viel umjubelten Weltcupsieg in Willingen als Einzelspringer keine Erfolge vorweisen konnte. Bei der Vierschanzentournee 2018/19 wurde er überraschend Dritter im Gesamtklassement, und das ohne im Verlauf der Veranstaltungsreihe auch nur ein einziges Mal auf dem Podium gewesen zu sein. Überhaupt, und das ist vermutlich auch der Grund dafür, weshalb er primär als Teamplayer wahrgenommen wird, hatte der Nordhesse im Einzel bislang zwar zahlreiche Ergebnisse in den Top Ten – unter die besten Drei war er aber nur zweimal gekommen: Zu Beginn der vorigen Saison war das in Wisla (Polen) der Fall und dann, eine Woche vor seinem Triumph auf der Mühlenkopfschanze, auch in Sapporo. Bis dahin hatte er sich von Wettkampf zu Wettkampf gesteigert. Förmlich lag ein erster Weltcupsieg in der Luft. Und dann, im heimischen Willingen, war die Zeit endlich reif: „Ich war ganz klar im Kopf, habe mich nicht ablenken lassen“, sagt Stephan Leyhe, der genau wusste, dass er in Top-Form ist.
Sportstiftung Hessen bietet Know-how
Dass es nun ausgerechnet in der Heimat geklappt hat (Leyhe stammt aus Schwalefeld, einem Ortsteil von Willingen), wirkt trotz der positiven Vorzeichen erstaunlich. Denn in all den Jahren, in denen der 28-jährige Sportsoldat im Weltcup am Start ist, war es dort für ihn immer suboptimal gelaufen. Leyhe: „Früher war ich schon sehr nervös. Aber danach lief es normal. Mir hat in Willingen einfach das Glück auch gefehlt.“ In der Weltspitze gehe es außerdem äußerst eng zu, man brauche extrem viel Geduld, um nach ganz oben zu kommen. Dem Team-Weltmeister von 2019 und Gewinner von olympischem Team-Silber in Pyeongchang ist das nun endlich auch mal im Einzel gelungen. Sein Selbstbewusstsein ist dadurch deutlich gestiegen, weshalb er der verbleibenden Saison positiv entgegensieht. Ziel ist es, bei der Skiflug-WM Ende März mit dem Team eine Medaille zu gewinnen, doch auch als Einzelspringer will der Mann vom SC Willingen weiterhin vorne mitmischen. Wie gut es derzeit für ihn läuft, das zeigt auch der Blick auf den Gesamtweltcup, wo er auf dem siebten Platz liegt. Könnte er diese Position halten, wäre es das beste Ergebnis in seiner bisherigen Karriere, die mindestens noch bis zu den Spielen 2022 in Peking andauern soll. Um danach nicht ohne Beruf dazustehen, wird Stephan Leyhe vermutlich noch in diesem Jahr ein Architekturstudium an einer Fernuni beginnen, das er glaubt mit dem professionellen Skispringen sehr gut vereinbaren zu können. Und apropos professionell: Von seinem Sport kann Leyhe leben. Er weiß aber genau, wie schwierig es ist, so weit zu kommen. Eine Frage nach der Sportstiftung Hessen muss ihm deshalb gar nicht gestellt werden. Er eröffnet das Thema von selbst und lobt neben der finanziellen Komponente vor allem auch die gebotenen Kontakte und das verfügbare Know-how auf unterschiedlichen Ebenen. Was ihn selbst angeht, so möchte er dem Skispringen auch später in irgendeiner Form treu bleiben. Als Trainer zu arbeiten, kann er sich allerdings nur in einem ehrenamtlichen Rahmen vorstellen: „Das hängt dann auch davon ab, wohin es mich beruflich einmal verschlägt.“