Seit die U-20 Europameisterin Ende Oktober die angesehene Auszeichnung als Juniorensportlerin des Jahres entgegengenommen hat, sind einige Wochen vergangen. Sarah Vogel (LG Seligenstadt) ist die Freude immer noch anzumerken, aber sie macht sich auch ihre Gedanken. „Die Sportwelt sieht mich jetzt mit anderen Augen. Da entsteht Druck, und ich muss einen Weg finden, es als Motivation zu verstehen“, sagt die 19 Jahre alte Studentin der Biochemie, die nun mit Olympiasiegern wie Michael Groß, Maria Höfl-Riesch oder Magdalena Neuner in einer Reihe steht – sie alle haben den seit 1978 existierenden Preis der Deutschen Sporthilfe ebenfalls schon erhalten.
Da ist es kaum nachvollziehbar, dass Vogel, die ihre persönliche Bestleistung bei der EM in Tallinn (Estland) um 24 cm auf eine Höhe von 4,30m verbessern konnte, mit dem Hochleistungssport 2020 beinahe aufgehört hätte. Im Anschluss an eine Verletzung ging es plötzlich psychisch bergab, sie entwickelte eine Blockade beim Abspringen, aus der sie alleine nicht mehr herausfand. „Das was man am meisten liebt, kann am stärksten weh tun“, sagt sie aus heutiger Sicht, bzw. in der Rückschau dazu. Dank psychologischer Unterstützung hat sie mit ihrer Angst inzwischen einen besseren Umgang gefunden. Und es sind nicht nur Atemtechniken, die dabei geholfen haben, sondern auch die Erkenntnis: „Übertriebene Angst ist dumm.“
Ein starkes Vater-Tochter-Gespann
Sarah Vogel, zu deren bisher größten Erfolgen auch der Sieg beim European Youth Olympic Festival (EYOF) 2019 in Baku zählt, wird von ihrem Vater Michael trainiert. Diese familiäre Konstellation, die sich zweifellos nicht alle jungen Hochleistungssportler vorstellen können, funktioniert bei den Vogels sehr gut: „Wir können Sport und Privates voneinander trennen. Ich habe auch keine Tochtervorteile im Training“, betont die amtierende Deutsche U-20 Meisterin ganz ausdrücklich. In diesem Zusammenhang macht sie darauf aufmerksam, dass es in der Leichtathletik häufiger solche „Eltern-Kind-Gespanne“ gäbe und erinnert u.a. an den Zehnkämpfer Niklas Kaul (Mainz), der 2019 Weltmeister wurde. Auch er wird von seinen Eltern trainiert. Sarah Vogel, die auch wegen der extremen familiären Nähe im Sport so früh wie möglich aus ihrem Elternhaus im südhessischen Groß-Umstadt ausziehen wollte, ist vorläufig nun doch noch geblieben: „Meine Eltern nehmen mich als erwachsene Person. Sonst ginge das gar nicht.“ Das klingt in sich alles sehr stimmig, wobei die LG Seligenstadt als relativ kleiner Verein für eine Spitzenathletin auch gar nicht so schlecht sei: „Bei einem Großverein wäre ich eine von vielen. Hier in Seligenstadt stehen die Leute hinter mir. Das ist mir wichtiger als mehr Geld zu bekommen.“
Und wie geht es im nächsten Jahr weiter? Nach einer Operation am Ellenbogen möchte das Mitglied des Perspektivteams der Sportstiftung Hessen erst einmal zu 100 Prozent fit werden und sich dann für die Heim-EM in München qualifizieren. Dabei hilft ihr auf der finanziellen Seite auch die Sportstiftung Hessen: „In einem Sport, wo das Geld nicht so groß fließt, ist das unfassbar hilfreich.“ Sarah Vogel schätzt außerdem die persönliche Ansprache bei der Stiftung: „Es ist unglaublich cool, dass es so etwas gibt.“