Mit unserer Hessischen Erfolgsgeschichte ist es diesmal ein klein wenig verzögert gelaufen. Maryse Luzolo, die planmäßig im Trainingslager in Südafrika war, konnte ihren Fragebogen nicht ganz pünktlich ausfüllen, weil die Corona-Krise einen überstürzten Rückflug der Trainingsgruppe erforderlich machte. „Wir haben in einer kleinen Blase gelebt. Man hat immer wieder was von dem Virus gehört, aber das war so weit weg von uns“, schreibt die 25-jährige Weitspringerin vom LV Königstein, die bei der Hallen-DM in Leipzig Silber gewonnen hat (6,44m). Dieser Wettkampf, der ihr nach einer brutalen Verletzung wieder Selbstvertrauen gegeben hat, wirkt fast wie aus einer anderen Zeit, obwohl er Ende Februar stattfand, was nicht lange her ist. Damals war zwar die Hallen-WM in Nanjing (China) wegen Corona bereits abgesagt, doch ahnte niemand, dass es uns Europäern bald ähnlich ergehen würde wie den Leuten in Wuhan oder kurz darauf auch in Korea.
Jeder kleine Fortschritt ist ein Erfolg
Nicht nur Maryse Luzolo, deren Bestweite bei 6,61m liegt, stellt sich nun die Frage, wie es im Olympiajahr weitergeht, ob eine Freiluftsaison überhaupt stattfinden wird? Die Biologiestudentin glaubt nicht daran, aber allzu schwarzseherisch will sie auch wieder nicht sein. Mit einer derartigen Einstellung hätte sie es sicherlich auch nicht mehr zurück in den Hochleistungssport geschafft. Denn was ihr wiederfahren ist, das hat mit gängigen schweren Knieverletzungen nichts mehr zu tun: Im Sommer 2017 wurde ihr linkes Sprungbein in einem defekten medizintechnischen Trainingsgerät zur Feststellung des muskulären Funktionsstatus maschinell so extrem überstreckt, dass u.a. sämtliche Bänder einrissen und die Kapsel gesprengt wurde. Mit einer schier unglaublichen Geduld und einem Willen, der selbst unter Spitzenathleten nicht selbstverständlich ist, hat sie sich zurückgekämpft. „Aufgeben war keine Option für mich“, so Luzolo, die alles daransetzen wird, sich für Tokio zu qualifizieren, egal wann das Großevent stattfinden wird. „Ich habe nur eine kleine Chance, aber Olympia ist und bleibt mein Traum.“
Mit ihrem positiven Gemüt kann sie die Gedanken an die Verletzung einigermaßen einhegen, ja sie springt sogar weiterhin mit dem betroffenen linken Fuß ab und das ohne eine psychische Hemmung. Im Alltag kommt es allerdings schon häufig vor, dass sie noch daran denkt, zumal auch immer wieder neue Fragen in diesem Zusammenhang auftauchen. Doch sie fühlt sich gut unterstützt - durch ihren Verein, den sie wie eine Familie empfindet und auch durch ihren Freund, David Corell, der als Hessischer Landestrainer für den Kurzsprint zuständig ist. Was momentan ein wenig zu kurz kommt, das ist ihr Studium: Es ist für mich oft schwierig, den Sport und die UNI auszubalancieren. Aber durch die Sportstiftung Hessen bekomme ich eine super Unterstützung. Und ich stehe mit diesem Problem ja auch nicht allein.“ Wie es aktuell weitergeht, wann beispielsweise der erste Wettkampf stattfindet, das weiß Luzolo, die in ihrer Freizeit gerne kocht und singt, natürlich genauso wenig wie alle anderen Athletinnen und Athleten. Im Umgang mit Verletzungen möchte sie aufgrund ihrer Erfahrungen aber alle Betroffenen folgendes wissen lassen: „Das Kämpfen lohnt sich, egal wie aussichtslos es aussieht. Und jeder noch so kleine Fortschritt ist ein Erfolg.