Hinter der Teilnahme von Fabian Hambüchen an den Spielen in Rio de Janeiro 2016 stand lange Zeit ein Fragezeichen. Eine Schulterverletzung plagte den damals 28-jährigen Turner, der am Reck alles gewonnen hatte, nur eine Medaille fehlte in seiner Sammlung: Olympisches Gold! Bereits in Peking 2008 war der damals amtierende Welt- und Europameister als Favorit angetreten, doch es wurde „nur“ Bronze. Vier Jahre später, in London, gewann er Silber: Von einem Achillessehnenriss wieder genesen, war sein niederländischer Kontrahent Epke Zonderland einfach besser. Und dann das Märchen von Rio: „Niemand hat mehr an mich geglaubt“, sagt Hambüchen, der sich seiner selbst aber auch nicht mehr ganz sicher war. Doch mit Vater Wolfgang als Trainer und der ganzen Erfahrung, die die beiden gemeinsam in die Waagschale werfen konnten, wurde aus dem Traum doch noch Realität: „Manchmal denke ich, dass es vorbestimmt war. So fühlt es sich jedenfalls an.“
Für Fabian Hambüchen, der in Wetzlar inzwischen im eigenen Haus mit Garten und Kraftraum lebt, war der Olympiasieg von Rio der krönende Abschluss einer langen Karriere: „Es war die Vollendung.“ Das klingt ganz schön hochtrabend, doch eigentlich ist der ehemalige „Turnfloh“, der 2004 in Athen als 16-Jähriger an seinen ersten Spielen teilnahm, auf dem Boden geblieben. Noch immer unverheiratet, hatte er in den vergangenen Jahren die Zeit, sich beruflich zu entwickeln und ist dabei viel gereist. Daheim in Wetzlar war er bis zum Corona-Lockdown jedenfalls eher selten. Hambüchen hält Vorträge zu Themen wie Motivation/Mentale Stärke, hat sein Sportstudium kürzlich abgeschlossen und bereits 2017 sein zweites Buch mit dem Titel „Den Absprung wagen“ vorgelegt. Darüber hinaus ist er freiberuflich als Kommentator beim TV-Sender Eurosport für Kunstturnen tätig. Hätten die Spiele in Tokio dieses Jahr stattgefunden, dann wäre er mitgereist. Nebenbei engagiert er sich in sozialen Projekten. Als da wären eine Kampagne des Hessischen Kultusministeriums für Alphabetisierung und Grundbildung und auch ein Projekt der Organisation „Back to life“ aus Bad Homburg in Nepal. Nach der Erdbebenserie von 2015 wurden in dem kleinen Himalaya-Staat große Teile der baulichen Infrastruktur zerstört. Am Wiederaufbau einer Schule hat sich Fabian Hambüchen beteiligt, weshalb eines der Gebäude seinen Namen trägt.
Den ganzen Tag wieder mit Sport füllen
Und auch für die Sportstiftung Hessen, in deren Förderstrukturen er seit der Gründung im Jahre 2001 fest eingebunden war, ist Hambüchen heute als „Botschafter“ im Einsatz. Bei offiziellen Anlässen wie etwa Empfängen oder Diskussionsveranstaltungen übernimmt er vorwiegend repräsentative Aufgaben, aber er berät zunehmend auch junge Athlet*innen zu Fragen der „Dualen Karriere“. Er selbst, der so viele verschiedene Dinge parallel nebeneinander tut, hat auch eine neue Sportart gefunden: Crossfit heißt die Mischung aus u.a. Gewichtheben und Turnen, bei der er noch überlegt, ob er ins Wettkampfgeschehen einsteigt oder nicht. Während des Lockdowns hat er sein Training auf jeden Fall intensiviert: „Da habe‘ ich Vollgas gegeben und wie früher meinen Tag mit Sport ausgefüllt.“